Analyse
Modern Workplace zwischen Büro und Homeoffice
Spätestens seit der Corona-Pandemie ziehen viele Beschäftigte das Homeoffice dem Büro vor. Sie schätzen die dort herrschende Ruhe und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Andere Mitarbeiter fühlen sich im Büro besser, und nur wenige Unternehmen setzen ganz aufs Homeoffice. Immer mehr kristallisiert sich ein dritter Weg heraus mit einem Mix aus beiden Arbeitsformen.
In letzter Zeit machen Äußerungen prominenter Firmenbosse Schlagzeilen von Meta bis X, Audi bis Grupp, die sich abwertend über das Homeoffice äußern und Mitarbeiter und Führungskräfte wieder zurück ins Büro bewegen oder sogar zwingen wollen. Dafür bekommen sie sofort einen heftigen Gegenwind zu spüren, fast hat man den Eindruck eines Glaubenskrieges. Mark Oliver Schuller, Vice President Consulting Services, Digital Commerce, bei der Unternehmensberatung CGI hat dafür wenig Verständnis: „Ich bin manchmal erstaunt, wie hitzig und teilweise polarisiert die Debatte über Präsenzarbeit versus Homeoffice geführt wird. Dabei liegt doch, wie so oft, die Lösung im Sowohl-als-auch“. Für Schuller kann es nicht um „Entweder-oder“ gehen, sondern nur um eine funktionierende hybride Lösung. „Kaum jemand möchte ausschließlich im Büro oder nur Zuhause arbeiten, und jeder ist da unterschiedlich in der Gewichtung. Es ist die Aufgabe moderner Arbeitsplätze, diese Präferenzen flexibel abzubilden. Am Ende geht es immer um die Erfüllung von zwei Prämissen: hohe Arbeitszufriedenheit und produktive Arbeitsergebnisse.“
„Kaum jemand möchte ausschließlich im Büro oder nur Zuhause arbeiten, und jeder ist da unterschiedlich in der Gewichtung. Es ist die Aufgabe moderner Arbeitsplätze, diese Präferenzen flexibel abzubilden.“
Ein dritter Weg
Auch Professor Andreas Pfnür, Institut für Betriebwirtschaftslehre, Fachgebiet Immobilienwirtschaft und Betriebswirtschaftslehre an der der TU Darmstadt, plädiert in der Studie „Work from Home: Von der Pandemie-Notlösung zum Konzept multilokaler Arbeit – Empirische Studie zu den Erfahrungen der Beschäftigten für eine Zukunft der Arbeitswelten an verteilten Orten“ für eine Art dritten Weg. Er konstatiert: „Durch die Rückkehr der Beschäftigten in die Büros der Unternehmen, der gleichzeitig anhaltenden Nutzung des Work from Home und des Ausprobierens dritter Arbeitsorte entsteht ein neues Konzept der physischen Arbeitsorganisation: Multilokalität.“ Pfnür ist sich zudem sicher: „Arbeitgeber erfahren durch den richtigen Einsatz multilokaler Arbeit einen großen Gewinn. Zum einen durch einen höheren Arbeitserfolg und die verbesserte Gesundheit ihrer Beschäftigten, aber auch durch die positive Wirkung auf ihre Attraktivität als Arbeitgeber.“
Allerdings müssen sich die Unternehmen schon auch anstrengen, um diese Ziele zu erreichen. Ein einfaches Zurück in das Büro vor der Corona-Zeit kann es ihm zufolge nicht geben. Pfnür fordert: „Um den Herausforderungen einer aufweichenden Unternehmenskultur, der erschwerten Kommunikation und Steuerung von Mitarbeitenden sowie der ständig notwendigen Abwägung zwischen individuellem und Teamerfolg zu begegnen, benötigen Unternehmen eine individuelle Strategie zur Ausgestaltung des neuen Konzepts verteilter Arbeitsorte.“ Um mobiles Arbeiten erfolgreich zu gestalten, helfen ihm zufolge vor allem Investitionen in die Ausstattung bei Work from Home, verbesserte Informationskulturen und Weiterbildungsangebote.
„Arbeitgeber erfahren durch den richtigen Einsatz multilokaler Arbeit einen großen Gewinn. Zum einen durch einen höheren Arbeitserfolg und die verbesserte Gesundheit ihrer Beschäftigten, aber auch durch die positive Wirkung auf ihre Attraktivität als Arbeitgeber“
Ganz ähnlich sieht das Daniela Tjeder, Chief Marketing Officer bei Framery. Für sie muss ein „Modern Workplace“ den Mitarbeitern „die bestmögliche Kombination aus den Vorteilen der Arbeit im Büro, im Home-Office und der mobilen Arbeit bieten“. Und weil jeder Mensch anders sei und arbeite, müsse man das jeweils beste Umfeld für jedes Individuum bieten. Von diesem Idealzustand sind wir laut Tjeder aber noch weit entfernt: „Es gibt eine Studie von Leesman, die besagt, dass das durchschnittliche Zuhause den Mitarbeiter besser unterstützt als das durchschnittliche Büro. Das ist eine verheerende Tatsache für den Zustand unserer Büros.“ Sie fordert: „Unternehmen müssen von den “Working from Home”-Erfahrungen lernen!“
„Ein Modern Workplace muss den Mitarbeitern die bestmögliche Kombination aus den Vorteilen der Arbeit im Büro, im Home-Office und der mobilen Arbeit bieten“.
Eine Lanze für ein Miteinander von Homeoffice und Büro bricht auch Steven Pollok, Director Display Division, Samsung Electronics GmbH. Er sieht zwar durchaus die Vorzüge des Homeoffice: „Unternehmen können eine Menge Geld einsparen, wenn sie ihre Mitarbeitenden dauerhaft von zuhause aus arbeiten lassen und somit keine eigenen Büroräume mehr bereitstellen müssen.“ Er warnt aber davor, die Schattenseiten zu übersehen: „Also Mietverträge kündigen, Firmentower verkaufen und alles auf Remote umstellen? Bitte nicht! Denn trotz aller Vorteile des Homeoffice leidet die Firmenkultur, wenn der persönliche Austausch und die Teaminteraktion vor Ort komplett wegfallen. Das kann sich negativ auf die Kreativität, Lösungsfindung und letztendlich den Geschäftserfolg auswirken“. Er zieht daraus den Schluss: „„Das Büro ist nicht tot, im Gegenteil – Es blüht auf, wenn es sich als Begegnungsstätte und kreatives Zentrum neu erfindet.“
Für Framery-CMO Tjeder liegt es im ureigenen Interesse der Unternehmen, auf einen „Modern Workplace“ zu setzen: „Der „Modern Workplace“ ist gekommen um zu bleiben. Unternehmen, die heute mit Investitionen zögern, die ihren Mitarbeitern einen solchen „Modern Workplace“ ermöglichen, die haben womöglich morgen keine Mitarbeiter mehr. Wer hier spart, der spart am falschen Ende, denn die neuen Generationen an Mitarbeitern lassen sich nicht mehr 8 Stunden am Tag, 5 Tage pro Woche am Schreibtisch im Großraumbüro festnageln“. Und sie stellt einen Vorteil vor allem für die HR-Strategie der Unternehmen heraus: „Jeder Unternehmer weiß, wie teuer es sei kann, neue Mitarbeiter zu finden. Ein „Modern Workplace“ sichert einerseits die Loyalität der Stammbelegschaft und macht ein Unternehmen zugleich für neue Mitarbeiter attraktiv. Außerdem sind die Mitarbeiter gesünder, einsatzbereiter und produktiver“.
„Das Büro ist nicht tot, im Gegenteil – Es blüht auf, wenn es sich als Begegnungsstätte und kreatives Zentrum neu erfindet. Im besten Fall bekommen selbst eingefleischte Homeoffice-Fans so das Gefühl, etwas zu verpassen, wenn sie nicht im Büro sind.“
Anforderungen an den Modern Workplace
Büros haben sich immer wieder neu erfunden und an aktuelle Bedürfnisse angepasst: Während das eigene Einzelbüro in den 90er Jahren noch als Statussymbol galt, Open Workspaces und Großraumbüros später eine neue Effizienz in die Offices brachten, werden Firmenräume nun zu Begegnungsstätten und Kreativitätsschmieden. Steven Pollock hofft: „Im besten Fall bekommen selbst eingefleischte Homeoffice-Fans so das Gefühl, etwas zu verpassen, wenn sie nicht im Büro sind.“
Und was braucht es, um das neue Büro attraktiv für die Mitarbeiter und lohnend für die Unternehmen zu machen? Für Steven Pollock zumindest „keine komplett überarbeiteten Raumkonzepte oder gar neue Bürogebäude“. Für den Vertreter eines Hardware-Herstellers wenig überraschend, hängt für ihn viel schon an der Ausstattung mit modernen Geräten: „Althergebrachte Besprechungsräume werden beispielsweise zu Schubs von moderner Technologie, wenn dort Kollaborationstools wie der Flip Pro von Samsung bereitstehen. Das digitale Flipchart eignet sich sowohl zum Brainstormen als auch zum gemeinsamen Erstellen von Projektplänen, Präsentationen und vielem mehr. Dafür bietet es ein realitätsnahes Schreibgefühl mit verschiedenen Farben und Stilen sowie eine nahtlose Verknüpfung mit Smartphones, Tablets und Notebooks.
FürDaniela Tjeder sind die Konzentrations- und Rückzugsräumen, „der Schlüssel zu einem modernen Arbeitsplatz“. Ein gutes Beispiel, bei dem Hard- und Software zusammenkommen, sieht sie in modernen Office-Pods, sprich isolierten Kabinen für Meetings, Videokonferenzen oder Ruckzüge. Wer Großraumbüros kennt, weiß, dass es oft störend für die anderen ist, wenn Mitarbeiter spontan zu kurzen Meetings zusammenkommen, während es umgekehrt die Beschäftigten aus dem Homeoffice mittlerweile gewohnt sind, ungestört an einer Konferenz teilnehmen zu können. „Im Großraumbüro gibt es oft Störgeräusche im Hintergrund, Kollegen laufen durch das Bild oder werden selbst durch den Sprechenden in ihrer Arbeit gestört. Moderne Office-Pods bieten für all dieses Szenarien die perfekte Antwort“, so Tjeder.
Timo Winkler wiederum, Head of B2B & B2C Sales beim Monitor-Hersteller Viewsonic, warnt davor, die Bedeutung der Ergonomie der Ausstattung zu unterschätzen. „Die Wirkung von kontinuierlichem Stress auf den Körper kann potenziell zu schweren und langanhaltenden Beschwerden führen. Die Möglichkeit, die Position des Monitors, die Betrachtungswinkel und – dank neuester Technologie – die Steuerung von Beleuchtung und Umgebungsgeräuschen bequem anzupassen, trägt dazu bei, ein professionelles Umfeld zu schaffen, das die Konzentration und auch die Gesundheit fördert.“
„Der Unterschied zwischen dem reinen Mitnehmen eines Laptops in ein nahegelegenes Café und der bewussten Schaffung einer professionellen mobilen Arbeitsumgebung besteht darin, dass letztere Option einen Plan erfordert.“
Für die hybride Arbeit mit klassischem Büro, Home-Office und mobilem Arbeiten stellt Winkler die Vorzüge mobiler Monitore heraus. „Genau wie im Homeoffice gibt es auch Herausforderungen beim mobilen Arbeiten. Dazu gehören beispielsweise Kabelsalat und das Mitführen zu vieler Ladegeräte, mangelnde Bildschirmfläche, lange Einrichtungszeiten und potenzielle Sicherheitsbedenken“, so Winkler. „Der Unterschied zwischen dem reinen Mitnehmen eines Laptops in ein nahegelegenes Café und der bewussten Schaffung einer professionellen mobilen Arbeitsumgebung besteht darin, dass letztere Option einen Plan erfordert.“
Für ein mobiles Arbeitsmodell würden portable Displays einige Vorteile aufweisen. „Eine solche Ausstattung muss nicht nur portabel sein, sondern auch die folgenden Eigenschaften aufweisen: Ein Monitor sollte kompakter, leichter und portabler sein. Durch eine Ein-Kabel-Lösung sollte Kabelsalat vermieden werden. Das Display sollte aus jedem Winkel ein gut zu erkennendes Bild darstellen. Der Monitor sollte als Ergänzung andere Endgeräte einsetzbar sein.“
Fazit & Ausblick
Zurück ins Office? Fragt man die CEOs, dann ist die Antwort klar: Die meisten Chefs der größten Unternehmen der Welt wollen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wieder in den Büros sehen – zumindest teilweise. Und sie rechnen damit, dass das auch geschieht. Das geht aus dem „KPMG CEO Outlook 2023“ hervor, für den jüngst weltweit 1325 CEOs befragt wurden, darunter 125 Firmenchefs aus Deutschland.
Dass nur drei Prozent der CEOs dauerhaft und ausschließlich an das Home Office glauben, verwundert dabei noch wenig. Aber dass 68 Prozent der deutschen Top-Entscheider davon ausgehen, dass ihre Angestellten innerhalb der nächsten drei Jahre wieder Vollzeit ins Büro zurückkehren werden, überrascht schon. International sind es 64 Prozent und damit nicht sehr viel weniger. Erschreckend aber ist: Nur jeder vierte befragte CEO kann sich weiter hybride Arbeitsmodelle vorstellen.
Viel spricht aber dafür, dass die CEOs mit ihren Einschätzungen die Rechnung ohne ihre Mitarbeiter gemacht haben. Kyra Voll, Projektleiterin am Fachgebiet Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre und Ko-Autorin der Studie der TU-Darmstadt, betont jedenfalls: „Die Studienergebnisse zeigen, dass Beschäftigte die Entscheidung, welchen Arbeitsort sie aufsuchen, primär danach treffen, wo sie erfolgreich arbeiten können. Vor dem Hintergrund potenzieller Effizienzgewinne werden Arbeitgeber dem Wunsch ihrer Beschäftigten nach mehr Remote Work künftig verstärkt nachkommen müssen.“
„Beschäftigte treffen die Entscheidung, welchen Arbeitsort sie aufsuchen, primär danach, wo sie erfolgreich arbeiten können.“
Ko-Autor Pfnür ergänzt: „„Viele Beschäftigte sind wenig begeistert von der Arbeit im Großraumbüro, was sich sowohl in der Zufriedenheit als auch in der Produktivität niederschlägt. Hier werden Unternehmen und Büroanbieter eine neue Balance zwischen den Bürokonzepten finden müssen. Seit Corona vergleichen Beschäftigte sehr genau, welche Arbeit sie an welchen Orten am erfolgreichsten und praktischsten erledigen können. In ein nicht zeitgemäßes Büro kehrt niemand mehr zurück. Entscheidend ist, ob der Arbeitsplatz außerhalb des Büros eine höhere Arbeitszufriedenheit bietet als das Büro“
Pfnür fordert die Etablierung eines Multilokalitätskonzept, das ein besonderes Augenmerk darauf lenkt, wie Potenziale realisiert und Risiken vermieden werden können. „Der Ausweg könnte die Transformation hin zu echt-multilokalem Arbeiten sein, in dem sich jeder Büroarbeitende ganz individuell die für sich selbst im Rahmen der Zwänge des Unternehmenskontextes nutzenmaximale Lösung auswählen kann“. Er hält nichts davon, bei Konzepten für die mobile Arbeit alles über einen Kamm zu scheren. Seine These lautet: „Eine einheitliche Lösung für mobile Arbeit ist nicht nur schwer ableitbar, sondern droht etwaige Potenziale unweigerlich zu ersticken. Demnach sollten im Sinne der Beschäftigten die Arbeitgeber und der Gesetzgeber Regelungen anstreben, die einen hohen Freiheitsgrad bei der Wahl des geeigneten Ortes erlauben.“
Sein Ausblick fällt positiv aus: „Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen den gigantischen Umfang der Veränderungen, den die multilokale Arbeit in der Arbeitswelt und anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, wie beispielsweise dem Verkehr, der Umwelt oder auf den gesellschaftlichen Wohlstand bezogen anstößt.“ Und er resümiert: „Die neu entdeckte individuelle Freiheit im Ort der Arbeitsausübung ist für Wirtschaft und Gesellschaft von fundamentaler Bedeutung, die kaum überschätzbar zu sein scheint.“
„Die neu entdeckte individuelle Freiheit im Ort der Arbeitsausübung ist für Wirtschaft und Gesellschaft von fundamentaler Bedeutung, die kaum überschätzbar zu sein scheint.“