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Cloud-Computing

2/23 Lesedauer: min

Wer die Wahl hat, hat die Qual

Unternehmen, die sich für den Einsatz von Cloud-Computing entschieden haben, sehen sich schnell mit der Frage konfrontiert, welchen Cloud-Anbieter sie denn auswählen sollen. Welche Kriterien sind wichtig und welche Anbieter sind auf dem Markt präsent?
Bild: Shutterstock / pogonici

Die Cloud ist schon lange kein Hype mehr, sondern ein fester Bestandteil der IT-Landschaft. Wenn ein Unternehmen sich heute für die Cloud entscheidet, dann ist es mit Sicherheit kein Early Adopter mehr, sondern eher ein Nachzügler. Laut den Analysten von Gartner betrug der weltweite Umsatz mit Cloud-Computing im vergangenen Jahr knapp 491 Milliarden Dollar. Für dieses Jahr werden knapp 600 Milliarden Dollar Umsatz erwartet - für 2024 sogar rund 725 Milliarden.

Ein Thema, das aber nicht nur Neueinsteiger bewegt, sondern auch Unternehmen, die bereits die Cloud nutzen und weitere Dienste benötigen: Auf welchen Anbieter sollte man setzen? Eines lässt sich in jedem Fall festhalten: Für die meisten Unternehmen gibt es nicht "die eine" Cloud. Vielmehr empfiehlt sich ein gut ausbalancierter Mix aus mehreren Anbietern. Und hier fängt dann die Qual der Wahl an. Ob Public Cloud, Private Cloud oder Hybrid Cloud - da viele Dienstleister Cloud-Computing als einer der wichtigsten Zukunftsmärkte in der IT-Branche entdeckt haben, gibt es in dem Geschäft die gesamte Anbieterpalette: Vom kleinen Start-up über die IT-Urgesteine und die IT-Riesen aus dem Silicon Valley bis hin zu Telefongesellschaften.

Quelle: Unisys, 2023, USA/Großbritannien/Deutschland/Australien/Neuseeland

Die Macht der Hyperscaler

Bei der Suche nach einem Cloud-Dienstleister landen Unternehmen fast zwangsläufig bei den Angeboten der großen sogenannten Hyperscaler. So bezeichnet man im Allgemeinen die drei großen Cloud-Dienstleister Amazon Web Services (AWS), Google Cloud Platform (GCP) oder Microsoft Azure. Bei ihnen ist das halbe Internet zu Hause: Von der Fluggesellschaft Easyjet über den Bezahldienst Paypal oder der Streaming-Service Netflix - sie alle setzen einen Hyperscaler. Die drei Großen kamen laut den Marktforschern von Canalys im ersten Quartal dieses Jahres auf einen weltweiten Marktanteil von satten 64 Prozent. Unangefochtener Platzhirsch sind die Amazon Web Services mit einem Marktanteil von 32 Prozent.

Der Erfolg der der Big Player kommt nicht von ungefähr: Neben der Bereitstellung grundlegender IT-Ressourcen wie Rechenleistung oder Speicher, also Infrastructure as a Service (IaaS), bieten sie mittlerweile eine lange Liste von Diensten an, die unzählige Einsatzbereiche abdecken - von Datenanalyse über Security-Tools bis hin zu ausgefeilten Diensten für die Künstliche Intelligenz. So kommen bei den einzelnen Hyperscalern mehrere Hundert Services zusammen.

Die Marktdurchdringung der drei Großen sorgt auch dafür, dass sie die De-facto-Standards in Sachen Cloud-Computing setzen. So gehört etwa für Entwickler im Cloud-Bereich die Unterstützung für Amazon-APIs mittlerweile zu den Kernanforderungen. Und Amazon Simple Storage Service (Amazon S3) hat sich als Standard für Object Storage etabliert, an den sich viele anderen Anbieter orientieren.

Da wundert es nicht, dass sich viele Unternehmen überlegen, ob sie sich nicht einfach für einen der Hyperscaler entscheiden sollen und dann alles aus einer Hand haben. Das ist auf der einen Seite zwar praktisch, auf der anderen Seite macht einen das abhängig - Stichwort Vendor-Lock-in. Es empfiehlt sich daher in jedem Fall mindestens zweigleisig zu fahren und neben ein oder zwei Haupt-Providern durchaus auch Dienste von Wettbewerbern einzusetzen.

Exkurs: Multi-Cloud überwindet Grenzen

In den meisten Unternehmen lassen sich die bestehenden Anforderungen nicht durch "den einen" Cloud-Dienst und ein einziges Deployment-Modell - Private Cloud oder Public Cloud - erfüllen. Wie bei klassischer On-Premise-Software hat jede Cloud-Lösung ihre individuellen Vor- und Nachteile. Die meisten Unternehmen landen daher früher oder später bei einer sogenannten Multi-Cloud. Sie ist eine Verbindung unterschiedlichster Clouds, die sich für den Anwender wie eine einzige große Cloud verhalten. Experten halten sie quasi unisono für die zukunftsträchtigste Form der Cloud-Nutzung.

Mit einer Multi-Cloud-Strategie setzt man genau die Cloud-Dienste ein, die für die jeweiligen Anwendungsbereiche die besten sind - Stichwort Best of Breed. Die Zusammensetzung der einzelnen Dienste und Anbieter lässt sich je nach Anforderungen, Leistungsumfängen oder Konditionen einzelner Cloud-Dienste jederzeit anpassen.

Die Nutzung unterschiedlichster Cloud-Anbieter und -Dienste schützt Unternehmen zudem vor einem Vendor-Lock-in, also der Abhängigkeit von einem Anbieter. Denn das ist einer der Nachteile einer Cloud: Die Anwendungen und die Daten befinden sich in fremden Händen. Das Unternehmen ist der Infrastruktur und der Ausfallsicherheit des Anbieters ausgeliefert. Eine Risikostreuung durch die Nutzung mehrerer Clouds, also einer Multi-Cloud, ist daher wichtig.

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Datenschutz-Bedenken

So praktisch die vergleichsweise umfangreichen Angebote der Hyperscaler sind: Immer mehr Unternehmen machen sich Gedanken darüber, ob wirklich eine gute Idee ist, die eigenen Unternehmensdaten, also sensible Geschäftsdaten sowie Kundendaten, einem ausländischen und insbesondere einem US-amerikanischen Anbieter zu überlassen.

Bild: Shutterstock / gotphotos

In Zeiten der Datenschutz-Grundverordnung überlegen sich daher viele Unternehmen, wie sie die souveräne Kontrolle über ihre Daten gewährleisten und sich vor Eingriffen aus anderen Rechtsräumen schützen können. Wie verhindert man also, dass zum Beispiel US-amerikanische Sicherheitsbehörden den Cloud-Anbieter dazu zwingen, Zugriff auf sensible Daten eines deutschen Unternehmens zu gewähren? Denn ob USA Patriot Act, Safe Harbor, EU-US Privacy Shield oder CLOUD Act - vor allem die Vereinigten Staaten, in denen die großen Hyperscaler ihren Hauptsitz haben, sorgen mit immer neuen Gesetzen für ordentlich Zündstoff in der Diskussion um Datenschutz und Datensouveränität. So verpflichtet zum Beispiel das jüngste Bundesgesetz zu diesem Thema, der seit 2018 bestehende CLOUD Act (Clarifying Lawful Overseas Use of Data Act), US-amerikanische Firmen dazu, US-Behörden auch dann Zugriff auf Daten zu ermöglichen, wenn die Daten außerhalb der USA gespeichert sind.

Die Hyperscaler sind sich der Debatte rund um das Thema Datenhoheit natürlich bewusst und nutzen zum Beispiel vermehrt Rechenzentren in Europa und auch in Deutschland, setzen also auf "hosted in Europe". Doch: "Der Glaube daran, dass ein US-Unternehmen unter Strafandrohung nicht die geforderten Informationen an die eigene Administration herausgibt, erscheint mir weltfremd", so die Meinung von Sebastian Schulz. Er ist Rechtsanwalt mit den Schwerpunkten Datenschutzrecht und Data-Compliance in der Kanzlei Härting in Berlin. Ihm zufolge ist aber erst einmal gar nicht entscheidend, ob ein Cloud-Dienst durch ein US-amerikanisches Unternehmen oder einen Anbieter mit Sitz innerhalb Deutschlands beziehungsweise der EU erbracht wird. "Der Nutzung von Cloud-Diensten sollte ganz generell stets eine unternehmensinterne Abwägung vorgeschaltet sein. Hier sollten informations- und datenschutzrechtliche Risiken, aber auch Effizienz-, Performance- und Kostenaspekte Berücksichtigung finden", so Schulz. "Ergibt sich hiernach, dass die in der Cloud zu verarbeitenden Informationen angemessen geschützt werden können und ein vergleichbarer Service durch europäische Unternehmen nicht angeboten wird, sehe ich keinen Grund, sich nicht für den besseren Cloud-Dienst eines US-amerikanischen Anbieters zu entscheiden."

Das Fazit von Rechtsanwalt Schulz: "Die Nutzung von Cloud-Diensten ist niemals völlig frei von Risiken. Die damit verbundene Lockerung der Herrschaft über geschäftliche Informationen oder verarbeitete personenbezogene Daten ist tendenziell immer risikoträchtiger als die Nutzung unternehmenseigener On-Premise-Lösungen."

Quelle: Cloudera/Coleman Parkes Research, 2023

Die Wahl des Anbieters

Und welcher Anbieter ist denn nun der richtige für mich und mein Unternehmen? Diese Frage stellen sich viele angehende Cloud-Nutzer aufgrund der hohen Auswahl. Wie so oft ist die Antwort ein "Kommt darauf an". Es empfiehlt sich aber, folgende zwölf Fragen den potenziellen Cloud-Dienstleistern zu stellen:

1. Für welchen Anwendungstyp und Einsatzzwecke wurde die Cloud entwickelt?

2. Was ist für die Migration von Anwendungen in die Cloud erforderlich?

3. Welche Services werden für eine Verwaltung von Cloud-Daten angeboten?

4. Wie viel Kontrolle hat man als Kunde über seine Daten?

5. Wo genau liegen geographisch die Zugriff, wer hat darauf Zugriff und wie werde sie verschlüsselt?

6. Welche Optionen werden für eine Hybrid-/Multi-Cloud-Lösung angeboten?

7. Wie kann die Cloud die Sicherheitsmaßnahmen stärken und gleichzeitig Risiken und Kosten von Sicherheitsverstößen senken?

8. Was passiert, wenn die Daten beim Cloud-Anbeiter verloren gehen?

9. Wie wird für Transparenz gesorgt und lassen sich die Cloud-Kosten vorhersagen?

10. Wie kann die Cloud helfen, zum Beispiel Anwendungen schneller und mit weniger Code zu schreiben?

11. Wie unterstützt das Cloud-Unternehmen mit Business Intelligence und Analysen bei der Transformation?

12. Gibt es auch eine Exit-Strategie, wenn man den Cloud-Anbieter wieder verlassen will?

Anbieter von Cloud-Diensten in Deutschland (Auswahl)

AnbieterBeschreibung
Amazon Web Services (AWS)Marktführer im Bereich Cloud - mit unzähligen Diensten, von Server-Ressourcen über Speicher bis hin zu Internet of Things und Künstlicher Intelligenz

CentronDie ccloud³ soll die "agilste Cloud sein, die man finden kann". Dazu gibt es dieverse Managed-Lösungen und S3-Storage

ClaranetDiverse Managed Services mit der Cloud-Plattform nach Wahl - Private oder Hybrid, AWS, Google Cloud oder Microsoft Azure
Cloud&Heat TechnologiesBietet diverse Cloud-Dienste wie IaaS und Managed Kubernetes an. Der Dienstleister setzt vor allem auf das Thema Nachhaltigkeit.
FujitsuFujitsu Cloud Managed Service zur Ergänzung von On-Premise-Ressourcen
GridscaleBietet unter anderem Managed Kubernets, GPU-Instanzen sowie S3 Objekct Storage an. Zusätzlich gibt es diverse Netzwerke-Dienste aus der Cloud wie Load Balancer und Firewall
Google CloudEiner der Hyperscaler mit Dutzenden Cloud-Diensten, von Rechenleistung über Speicher, KI und Datenbanken bis zu Datenanalyse sowie Netzwerk- und Entwickler-Tools
HetznerAnbieter kompletter Cloud-Server und Block Storage. Mehrere Server-Standorte in Deutschland, Finnland und den USA
HPEZahlreiche Dienste wie Private Cloud, Container-Dienste und Migration-Services
IBMBreites Angebot von Chatbots über Edge Computing, GPU-Datenverarbeitung und SAP bis hin zu Backup- und Disaster-Recovery
IonosUmfangreiches Cloud-Portfolio, zum Beispiel Block Storage, Network Services und diverse Datenbanken
Microsoft AzureUmfangeiches Portfolio aus zahlreichen Diensten, vom virtuellen Windows-Desktop über Speicher, IoT und Sicherheit bis hin zu Künstlicher Intelligenz
OVH CloudVielzahl skalierbarer Cloud-Instanzen - unter anderem Server, Managed Kubernetes, GPUs, Storage, Datenbanken

Plusserver

Umfangreiches Cloud-Portfolio, zum Beispiel S3 und Network Storage, Managed Kubernetes sowie diverse Datenbanken
SalesforcePrimär SaaS-Dienstleister im Bereich Customer Relationship Management (CRM). Mit der Salesforce Platform verfügt das Unternehmen auch über eine PaaS-Cloud
Scaleup TechnologiesAnbieter diverser Cloud-Dienste wie Kubernetes, betreibt ein "nachhaltiges, virtuelles Rechenzentrum mit OpenStack"
Stackit CloudSkalierbare Enterprise-Cloud unter anderem mit Servern, Netzwerkdiensten sowie diversen Speichern und Datenbanken
SyselevenSpezialisiert auf Managed Kubernets, OpenStack Cloud sowie diverse Dienste DDoS-Protection
T-SystemsAngebot von zahlreichen Cloud-Services vom Mainframe über Edge Computing bis hin zu SAP
VodafoneDiverse Cloud-Dienste fürs Business, etwa Vodafone Private Cloud, aber auch Integration von AWS und Microsoft Azure
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Konstantin Pfliegl

Redakteur
Konstantin Pfliegl ist Redakteur der Schwesterzeitschriften com! professional (Deutschland) und Computerworld (Schweiz). Er verfügt über mehr als zwei Jahrzehnte Erfahrung als Journalist für verschiedene Print- und Online-Medien.