Die Macher des Gesetzes sind von ihrem Werk sehr überzeugt. Stolz ist die Rede davon, dass der AI Act die weltweit erste staatliche Regulierung von Künstlicher Intelligenz sei. Ein Zyniker könnte sagen, dass die erste Regelung ihrer Art zunächst einmal auf jeden Fall auch die beste ist. Ob das aber so bleibt, wenn andere Staaten mit eigenen Regulierungen nachziehen, ist völlig offen. Angesichts der notorischen Tendenz in EU und Bundesregierung bei der praktischen Umsetzung zu überziehen und bürokratische Hemmnisse zu errichten, statt den Innovationsgeist zu fördern, darf zumindest ein großes Fragezeichen gemacht werden.
Aber es gibt durchaus auch Stimmen, die davon ausgehen, dass andere Staaten sich am AI Act orientieren werden und dass vor allem auch die großen Konzerne mit KI-Ambitionen die Regelungen proaktiv übernehmen werden – wenn auch nicht zwingend aus eigener Einsicht, sondern weil sie ihre KI-Lösungen ja in der EU verkaufen wollen.
GlobalData, ein Unternehmen für Datenanalysen in London, erwartet als Folge des AI Acts einen verstärkten Fokus auf ethische KI in den Unternehmen. Mit der Verabschiedung werde die Einführung von Strategien für eine ethische KI zu einem dringenden Gebot für alle multinationale Unternehmen, die in der EU tätig seien.
„Die neuen Verpflichtungen bieten zwar den dringend benötigten Verbraucherschutz, führen aber auch zu einer erhöhten Komplexität für Unternehmen, die bereits damit zu kämpfen haben, ihren Einsatz von KI zu skalieren“, urteilt Rena Bhattacharyya, Chief Analyst of Enterprise Technology and Services Research von GlobalData. Er fordert die Unternehmen dazu auf, damit anzufangen, Strategien zu entwickeln, um die Dokumentation und Überwachung der KI-Technologie zu verbessern.
Bhattacharyya folgert: „Während die Branche seit langem über den Mangel an KI-Experten in der Datenwissenschaft spricht, werden nun Personen benötigt, die Unternehmen dabei helfen können, Geschäftsprozesse an die sich entwickelnden ethischen KI-Anforderungen anzupassen.“
Im Großen und Ganzen ist das Echo von Experten und Unternehmen auf den Beschluss des EU-Parlaments ist positiv ausgefallen, auch wenn kaum einer umhin kommt, auf das Risiko hinzuweisen, dass in der praktischen Umsetzung Fehler gemacht werden können, die Innovationen abwürgen oder hohe Kosten verursachen.
„Der AI Act gibt einen EU-weiten Regulierungsrahmen für Künstliche Intelligenz vor, lässt aber viele entscheidende Fragen offen,“ bilanziert etwa Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. Er fordert eine rechtssichere und innovationsfreundliche Umsetzung in Deutschland und warnt: „Die Bundesregierung darf nicht die Fehler der Datenschutz-Grundverordnung wiederholen und das nationale Regulierungskorsett so eng schnüren, dass den Unternehmen der Freiraum für Innovationen fehlt.“
Ziel müsse es sein, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass deutsche Unternehmen und Startups auf Augenhöhe mit den starken internationalen Playern der Künstlichen Intelligenz kommen könnten.