Prognosen

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Gartner: Die Technologie-Trends des Jahres 2024

Wenn es um Prognosen für IT-Trends geht, ist das Marktforschungshaus Gartner eine der ersten Adressen. Dessen Analysten haben sich in den vergangenen Wochen und Monaten denn auch gleich in mehreren „Predictions“ mit IT-Technologien beschäftigt, die für IT-Organisationen und IT-Anwender im Jahar 2024 und darüber hinaus von besonderer Bedeutung sein sollen.

Bild: Shutterstock / James Teo Hart

Auch in den Untersuchungen von Gartner steht die generative KI derzeit im Zentrum. Kurz und knapp heißt es im Report Top 10 Strategic Technology Trends 2024": „Die Fähigkeit, völlig neue Inhalte zu erstellen (Bilder, Sprache, Text und mehr), und deren weit verbreitete Verfügbarkeit wird den Zugang zu Informationen demokratisieren und damit zu einem der disruptivsten Trends dieses Jahrzehnts werden.“ Für den Moment heben die Analysten hervor, dass dieser technologische Durchbruch bereits jetzt die Denkweise von Führungskräften in allen Bereichen verändert habe. Den Grund dafür nennt Daryl Plummer, Distinguished VP Analyst bei Gartner: „Mit Hilfe von GenAI lassen sich Dinge erreichen, die den bisherigen Bereich des Möglichen überschreiten". Plummer folgert: „CIOs und Führungskräfte werden die mit dem Einsatz von GenAI einhergehenden Risiken in Kauf nehmen, um von den beispiellosen Vorteilen profitieren zu können.“

Ähnlich formulieren zwei weitere Analysten von Gartner – Bart Willemsen, VP Analyst, und Chris Howard, Distinguished VP Analyst und Global Chief of Research. Willemsen erklärt: „Technologische Disruptionen und sozioökonomische Unsicherheiten erfordern mutiges Handeln und die Priorisierung von strategischer Widerstandsfähigkeit anstelle von Ad-hoc-Reaktionen. IT-Führungskräfte sind in einer einzigartigen Position. Sie müssen strategisch einen Fahrplan festlegen, bei dem Technologieinvestitionen dazu beitragen, dass ihr Unternehmen inmitten dieser Unsicherheiten und Belastungen erfolgreich bleibt."

Und Howard meint zu den Herausforderungen für IT-Manager: „Sie und andere Führungskräfte müssen die Auswirkungen und den Nutzen strategischer Technologietrends bewerten, was angesichts der zunehmenden Geschwindigkeit der technologischen Innovation keine leichte Aufgabe ist. Generative KI und andere Arten von Künstlicher Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten und treiben verschiedene Trends voran. Um jedoch aus dem dauerhaften Einsatz von KI einen geschäftlichen Nutzen ziehen zu können, ist ein disziplinierter Ansatz für eine breite Einführung erforderlich, bei dem auch die Risiken berücksichtigt werden."

Chris Howard, Global Chief of Research, Gartner
„Um aus dem dauerhaften Einsatz von KI einen geschäftlichen Nutzen ziehen zu können, ist ein disziplinierter Ansatz für eine breite Einführung erforderlich, bei dem auch die Risiken berücksichtigt werden."

Bemerkenswert sind Einschätzungen von Daryl Plummer zu den Folgen und Veränderungen für die menschlichen Mitarbeiter. Er betont: „Führungskräfte sind schnell dabei, KI als Ursache für den Abbau von Stellen zu nennen. Daher ist es wichtig, dass die Führungskräfte ihren Mitarbeitern ihre Absichten in Bezug auf den internen Einsatz von KI klar mitteilen. So lassen sich unbeabsichtigte Folgen vermeiden, die dazu führen, dass sich bei den Mitarbeitern Ängste vor KI aufbauen. Unternehmen, die GenAI einführen und es versäumen, die KI-Angst ihrer Wissensarbeiter klar anzusprechen, werden 20 Prozent höhere Fluktuationsraten verzeichnen.“

Plummer gibt den Unternehmen zudem den Rat, sich bei ihren KI-Bemühungen darauf zu konzentrieren, die Produktivität und die Arbeit der Mitarbeiter zu verbessern und nicht auf die Automatisierung von Aufgaben." Er empfiehlt den Führungskräften: „Bleiben Sie auf dem Boden der Tatsachen, was die Technologie leisten kann und was nicht, denn es gibt immer noch eine Menge Hype, der die Erwartungen der Vorstände beeinflusst.“

Aufschlussreich sind auch Plummers Aussagen zu Aspekten, die sonst gerne vor allem als Belastungen für Unternehmen betrachtet werden. Regulierungen etwa sind für Plummer durchaus sinnvoll, um das durch KI extrem verschärfte Problem der Fehlinformationen in den Griff zu bekommen: Der rasante Aufstieg von GenAI hat den Regulierungsbehörden Feuer unterm Hintern gemacht, Mal-Information als eines der Risiken zu betrachten, die mit der zunehmenden Macht und Verfügbarkeit von GenAI einhergehen", so Plummer. Er sagt voraus, dass Unternehmen, die bösartige Akteure, Regulierungsbehörden und Anbieter von Tools und Technologien zur Bekämpfung von Fehlinformationen genau im Auge behalten, einen signifikanten Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten erzielen werden.

Daryl Plummer, Distinguished VP Analyst, Gartner
„CIOs und Führungskräfte werden die mit dem Einsatz von GenAI einhergehenden Risiken in Kauf nehmen, um von den beispiellosen Vorteilen profitieren zu können.“

Strategische Technologie-Trends 2024

Zehn Technologien sprechen die Gartner-Experten eine strategische Bedeutung zu. Zwar enthalten nur drei davon unmittelbar einen Verweis auf Künstliche Intelligenz, aber auch bei den anderen spielt KI oft direkt oder indirekt eine Rolle, etwa bei den Intelligent Applications“, wie den Erläuterungen im Report Top 10 Strategic Technology Trends 2024 zu entnehmen ist. Dort sind die Trends in folgender Reihenfolge aufgelistet:

  • 1. AI as Partner: AI Trust, Risk and Security Management (AI TRiSM)

    2. Be Safe: Continuous Threat Exposure Management (CTEM)

    3. Protect the Future: Sustainable Technology

    4. Developer-Driven Self-Service: Platform Engineering

    5. Accelerate Creation: AI-Augmented Development

    6. Tailor Your Tailor’s Work: Industry Cloud Platforms

    7. Optimize Decision-Making: Intelligent Applications

    8. Power AND Responsibility: Democratized Generative AI

    9. Push the Pioneers: Augmented Connected Workforce

    10. Buyers With Byte(s): Machine Customers

Gartner stellt auf Platz 1 seiner Top 10 Strategic Technology Trends das „AI Trust, Risk and Security Management“, kurz AI TRiSM (Quelle: Gartner Top 10 Strategic Technology Trends 2024)

Wie andere Auguren auch erwartet das Analystenhaus eine Demokratisierung der generativen KI (Trend Nr. 8). Diese Entwicklung erwachse aus einer Kombination aus in großem Stil vortrainierter KI-Modelle, Cloud Computing und Open Source. 2026 werden laut Gartner über 80 Prozent der Unternehmen GenAI-APIs und GenAI-Models genutzt haben beziehungsweise GenAI-basierte Anwendungen in Produktivumgebungen einsetzen – gegenüber weniger als fünf Prozent Anfang 2023.

Damit geht Gartner zufolge aber auch eine
eine wachsende Dringlichkeit für besondere Sicherheitsanstrengungen einher. Die Technologie dazu nennt Gartner „AI Trust, Risk and Security Management”, kurz AI TRiSM. Sie ist offenbar so wichtig, dass Gartner sie an die Spitze seiner Trendliste gesetzt hat. Unternehmen, die AI-TRiSM-Kontrollen anwenden, erhöhen laut Gartner schon in den kommenden Jahren bis 2026 die Genauigkeit ihrer Entscheidungsfindung, indem sie bis zu 80 Prozent der fehlerhaften und unrechtmäßigen Informationen eliminieren.

Auf Platz 5 der Top-Technologien steht ein weiteres KI-Thema: AI-Augmented Development. Zur Begründung heißt es: „KI-gestütztes Software-Engineering verbessert die Produktivität von Entwicklern und ermöglicht es Entwicklungsteams, die steigende Nachfrage nach Software für den Geschäftsbetrieb zu befriedigen. Diese KI-gestützten Entwicklungstools ermöglichen es Softwareentwicklern, weniger Zeit mit dem Schreiben von Code zu verbringen, sodass sie mehr Zeit für strategischere Aktivitäten wie das Design und die Zusammenstellung überzeugender Geschäftsanwendungen aufwenden können.“

Spannend klingen auch die Erläuterungen zu den „Machine Customers". Davon erwartet Gartner nämlich nichts weniger, als dass sie die Umgestaltung von Schlüsselfunktionen wie Lieferkette, Vertrieb, Marketing, Kundenservice, digitaler Handel und Kundenerfahrung erzwingen. In Zahlen: Bis 2025 sollen über 25 Prozent der Vertriebs- und Servicezentren in großen Unternehmen Anrufe von Maschinenkunden entgegennehmen. Das hat Folgen: "Maschinenkunden werden ihre eigenen Vertriebs- und Servicekanäle benötigen, da sie Transaktionen mit hoher Geschwindigkeit durchführen und die Menge der von ihnen verwendeten Entscheidungsvariablen die menschlichen Fähigkeiten bei weitem übersteigt", so Plummer. "Maschinenkunden werden andere Talente, Fähigkeiten und Prozesse erfordern, die in einer auf menschliche Kunden ausgerichteten Abteilung möglicherweise nicht vorhanden sind."

Nicht nur die KI gehört für Gartner zu den „Gewinnern“ im Jahr 2024. Auch eine inzwischen schon traditionelle Technologie wie die Cloud. Dort erwartet Gartner viel von branchenbezogene Cloud-Plattformen, welche die zugrundeliegenden SaaS-, PaaS- und IaaS-Dienste zu einer Gesamtlösung zusammenführen (Quelle: Quelle: Gartner Top 10 Strategic Technology Trends 2024).

Gartner-Prognose: IT-Ausgaben 2024

Wie schlagen sich die von den Experten und Analysten für 2024 genannten Trends in den IT-Budgets nieder? Hinweise darauf gibt die jüngste Gartner-Prognose zur Entwicklung der IT-Ausgaben in Europa im Jahr 2024. Demnach werden Unternehmen in Europa 2024 trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage 1,1 Billionen US-Dollar in IT investieren und damit 9,3 Prozent mehr als 2023.

John-David Lovelock, Distinguished VP Analyst bei Gartner, bemerkt allerdings eine Änderung in der Ausrichtung: „Für CIOs in Europa galt über ein Jahrzehnt ‚Wachstum um jeden Preis‘. Nun fokussieren sie sich bei laufenden IT-Projekte auf Kostenkontrolle, Effizienz und Automatisierung, während sie IT-Initiativen mit längerem ROI einschränken," so Lovelock.

Bemerkenswert ist die Einschätzung von Gartner zu den Prioritäten der IT-Leiter und CIOs: Obwohl künstliche Intelligenz (KI) für CIOs in diesem und im nächsten Jahr eine Priorität darstelle, sei sie noch keine Ausgabenpriorität. Es gebe andere Faktoren wie Umsatzgenerierung, Rentabilität und Sicherheit, die die IT-Ausgaben in Europa im nächsten Jahr antreiben würden. „Die Aufrechterhaltung einer gesunden Gewinnspanne ist für europäische Unternehmen von zentraler Bedeutung geworden, was eine neue Welle des Pragmatismus eingeleitet hat", mein John-David Lovelock.

Eine Tabelle von Gartner schlüsselt die Prognose für die IT-Ausgaben in Europa auf Segmente auf. Die höchsten Wachstumsraten gibt es demnach bei Software und IT-Services, die eher moderate Steigerung bei den Rechenzentren in Höhe von acht Prozent sind zu einem Großteil von Cloud-Investitionen getrieben, die 2024 um 27 Prozent zulegen sollen. Einen Teil des Wachstums führt Gartner auf den Fachkräftemangel zurück. Lovelock: „CIOs verfügen weder über die Mitarbeiter noch die Talente, um alle erforderlichen Arbeiten zu erledigen, und wenden sich an IT-Dienstleistungsunternehmen, um die Lücken zu füllen.“

Darüber hinaus verlagern die europäischen CIOs Gartner zufolge ihre internen Prioritäten in Richtung Cybersecurity und GenAI. Lovelock sieht zwischen diesen beiden Bereichen sogar einen direkten Zusammenhang: „Die Unternehmen müssen sich neuerdings auch darum sorgen, ihre Systeme abzuschotten, bevor Hacker in die Nähe ihrer sensiblen Daten gelangen.“ Infolgedessen werden die Ausgaben für Sicherheit und Risikomanagement in Europa im Jahr 2024 auf rund 56 Milliarden Dollar wachsen und damit um 16 Prozent gegenüber 2023.

Gartner: IT-Ausgaben in Europa (in Mio. US-Dollar)

 

2022 Spending

2022 Growth (Prozent)

2023 Spending

2023 Growth (Prozent)

2024 Spending

2024 Growth (Prozent)

Data Centre Systems

        

44,804

 

13.8

        

46,177

 

3.1

        

49,894

 

8.0

Devices

      146,391

-13.3

       125,483

-14.3

       131,301

4.6

Software

       184,362

2.6

       211,182

14.6

       241,837

14.5

IT Services

       347,425

2.3

       382,306

10.0

       427,350

11.8

Communications Services

      

272,854

 

-6.1

      

285,269

 

4.6

      

297,749

 

4.4

Overall IT

       995,836

-2.2

    1,050,417

5.5

    1,148,131

9.3

Predictions: Technologien in Trends und Zahlen (bis 2028)

Aus seinen Umfragen, Analysen und Interviews hat Gartner die folgenden zehn Prognosen für die Jahre bis 2028 abgeleitet. Immerhin nur vier davon nehmen direkt auf KI Bezug:

  1. Bis 2027 wird der Produktivitätswert der KI als primärer wirtschaftlicher Indikator für die nationale Macht anerkannt werden.
  2. Bis 2027 werden GenAI-Tools eingesetzt, um veraltete Geschäftsanwendungen zu erklären und geeignete Ersatzlösungen zu schaffen, wodurch die Modernisierungskosten um 70 Prozent gesenkt werden.
  3. Bis 2028 werden die Ausgaben von Unternehmen für die Bekämpfung von Malware 30 Milliarden US-Dollar übersteigen und 10 Prozent der Marketing- und Cybersicherheitsbudgets aufzehren.
  4. Bis 2027 werden 45 Prozent der Chief Information Security Officers (CISOs) ihren Aufgabenbereich über die Cybersicherheit hinaus erweitern, da der regulatorische Druck steigt und sich die Angriffsfläche vergrößert.
  5. Bis 2028 wird der gewerkschaftliche Organisationsgrad bei Wissensarbeitern um 1.000 Prozent steigen, was auf die Einführung von GenAI zurückzuführen ist.
  6. Im Jahr 2026 werden 30 Prozent der Arbeitnehmer digitale Charisma-Filter nutzen, um bisher unerreichbare Fortschritte in ihrer Karriere zu erzielen.
  7. Bis 2027 werden 25 Prozent der Fortune-500-Unternehmen aktiv neurodiverse Talente mit Erkrankungen wie Autismus, ADHS und Legasthenie einstellen, um die Unternehmensleistung zu verbessern.
  8. Bis 2026 werden 30 Prozent der großen Unternehmen eine eigene Geschäftseinheit oder eigene Vertriebskanäle haben, um den schnell wachsenden Markt für Maschinenkunden zu erschließen.
  9. Bis zum Jahr 2028 wird es aufgrund des Arbeitskräftemangels in der Fertigung, im Einzelhandel und in der Logistik mehr intelligente Roboter als Angestellte geben.
  10. Bis 2026 werden 50 Prozent der G20-Mitgliederstaaten monatliche Stromrationierungen erleben, was energiebewusstes Handeln entweder zu einem Wettbewerbsvorteil oder zu einem großen Ausfallrisiko macht.

Johann Scheuerer

Leitender Redakteur

Johann Scheuerer ist Leitender Redakteur der Schwesterzeitschriften com! professional (Deutschland) und Computerworld (Schweiz). Er beschäftigt sich seit den Anfängen des Internets mit allen Aspekten der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft.